Mit ihren Eingangsstatements hatten die Bundestag-Kandidatinnen und Kandidaten auf dem Xtra-Platz vor der Bonner Kreuzkirche Gelegenheit, ihre Vorstellungen zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut zu präsentieren:

Den Anfang machte Jessika Rosenthal von der SPD, die aus ihrer beruflichen Erfahrung als Lehrerin heraus die Dringlichkeit des Themas unterstrich und sich für eine Kindergrundsicherung, für mehr bezahlbaren Wohnraum und mehr Bundesinvestitionen in Bildung aussprach.

CDU-Kandidat Christoph Jansen stellte fest, dass das Thema Kinderarmut in Bonn zuweilen unter der Oberfläche bleibe und dankte den Veranstaltern für diese prominente Gelegenheit, darüber zu sprechen. Er kündigte an, sich für digitale Bildung einzusetzen und außerdem Alleinerziehende und ihre Kinder verstärkt unterstützen zu wollen.

Kathrin Uhlig, die für die Grünen antritt, hofft, dass es in der nächsten Legislatur gelinge, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Daraus leite sich eine Kindergrundsicherung ab, die sich auf die Kinder beziehe, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Außerdem nahm sie den Fachkräftemangel in den Blick.

Julia Genn, von der Volt-Partei, wünschte sich eine solidarische Gesellschaft, in der sich nicht nach der vierten Klasse entscheide, in welche Richtung ein Lebenslauf gehe. Sie hat die Vision einer inklusiven Schule, die Chancengerechtigkeit sichere. Dafür müssten die Interessen junger Menschen im Bundestag gehört werden.

FDP-Kandidat Alexander Graf Lambsdorff bedauerte, dass bisher nicht genug passiert sei, um Kinderarmut zu bekämpfen und sieht im Abbau der Bürokratie eine wichtige Stellschraube. Allein ein Blick auf die über 150 verschiedenen Leistungen des Bundes für Familien zeige, dass das aktuelle System überfordere.

Ilja Bergen sprach für die Linke und wies auf die ungleiche Verteilung von Reichtum in Deutschland hin und forderte 630 Euro Kindergrundsicherung, kostenlosen ÖPNV und andere Vergünstigungen. Finanziert werden müsse das über eine Vermögensabgabe der hohen Einkommen.

In der anschließenden Diskussion kristallisierten sich die Unterschiede der Parteipositionen heraus. Auf www.kinderarmut-bonn.de sind diese nachzulesen. Die Kandidierenden haben dort ausführlich Fragen rund um die Bekämpfung der Kinder- und Familienarmut beantwortet. Auf dem Podium wünschte sich Julia Genn zum Abschluss ein Ende von parteipolitischen Grabenkämpfen, um solche Themen gemeinsam voranzubringen.

Nachdem alle Positionen einmal formuliert waren, konnte das Publikum in drei Arbeitsgruppen mit jeweils zwei Kandidat*innen diskutieren. Die Zusammensetzung wurde im Vorfeld ausgelost.

Im Gespräch: Graf Lambsdorff und Bergen

So diskutierten Alexander Graf Lambsdorff und Ilja Bergen miteinander, moderiert von RTKA-Mitglied Rainer Bohnet. Im Fokus standen hier Wohnraum, gesellschaftliche Teilhabe sowie die Folgen der Corona-Krise. Unterschiedliche Positionen kamen dabei zum Ausdruck: Während etwa Bergen den Fokus im Zusammenhang mit dem Thema Wohnraum auf den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau legte, sprach sich Graf Lambsdorff für einen gemischten, differenzierten Wohnungsmarkt aus. Zur gesellschaftlichen Teilhabe bestätigte Bergen seine Positionen, die er bereits dem Plenum vorgetragen hatte, dass die Zugänge zu Angeboten erleichtert werden müssten. Graf Lambsdorff regte neue Ansätze an. Etwa Vereinsleben und Schule stärker zu verzahnen, um den Zugang leichter zu machen. Auch die Gäste diskutierten mit, brachten eigene Erfahrungen ein oder fragten, wie man die gesellschaftlichen Player zusammenbringen könne, um gemeinsam etwas gegen Kinderarmut zu tun.

Im Gespräch: Jansen und Genn

Zusammengelost worden waren auch Christoph Jansen und Julia Genn. Die beiden waren sich einige darin, den Fachkräftemangel im Bildungsbereich bekämpfen zu müssen. Ein Ansatz von Genn war hier, den Mindestlohn auf 13 Euro anzuheben. Jansen wünschte sich eine bessere Ausstattung der Bildungseinrichtungen, unter Beibehaltung der föderalen Strukturen. Der Bund müsse die Länder unterstützen, ihren Job hier machen zu können. Moderiert von RTKA-Mitglied Ulrich Franz beschäftigten sich Jansen und Genn außerdem mit dem Problem des fehlenden Wohnraums. Genn sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Stärkung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus aus vor Ort in Bonn aus, während Jansen auf die Wirkung der 40%-Quote hofft, die der Bonner Stadtrat beschlossen hat. Die Runde sprach außerdem noch verschiedene Möglichkeiten der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an.

Im Gespräch: Rosenthal und Uhlig

In der Gruppendiskussion mit Jessica Rosenthal und Kathrin Uhlig wurden vor allem die Schnittmengen zu anderen Politikfeldern deutlich: Kinderarmut sei ein Querschnittsthema und könne nur im großen Zusammenhang bekämpft werden. Das betreffe alle Lebensbereiche, waren die Kandidatinnen überzeugt. Demnach lag der Fokus der Diskussion, die für den RTKA von Amelie Gabriel moderiert wurde, vor allem auf dem Thema Wohnen und außerdem auf dem Thema Klimaschutz. In den Aussagen von Grünen und SPD herrschte viel Einigkeit und deswegen war die Stimmung während der Diskussion wenig kontrovers. Die Unterschiede lagen im Detail. Spannende Impulse brachten auch die Zuhörenden ein, z.B. zu den Auswirkungen von Corona und dass in der Zeit der Pandemie Kinder schlichtweg vergessen wurden. Hier verwiesen sowohl Grünen als auch SPD auf die wichtige Rolle von Bildungseinrichtungen sowie auf die Stärkung ergänzender Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.

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Die Veranstalter

Der Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut/RTKA (www.kinderarmut-bonn.de) setzt sich seit 2006 für die Belange von dürftigen Kindern ein. Neben den Wohlfahrtsverbänden arbeiten hier Vereine, Vertreter der Ratsfraktionen, das Jugendamt der Stadt Bonn und andere eng zusammen. Durch die Organisation von Veranstaltungen, Kinospots zur Kinderarmut, die Formulierung eines Strategie- und Forderungspapiers und durch vielfältige Netzwerkarbeit wollen die Vertreter*innen des RTKA auf Themen der Kinder- und Familienarmut in Bonn aufmerksam machen und entsprechende Maßnahmen und Lösungsstrategien entwickeln.

Das Evangelische Forum Bonn (www.evforum-bonn.de) will als anerkannte Einrichtung der Weiterbildung NRW in der Trägerschaft des Evangelischen Kirchenkreises Bonn in seinen zentralen Veranstaltungen und den Angeboten vor Ort auf Grundfragen des persönlichen, beruflichen, kirchlichen und öffentlichen Lebens eingehen, zu offener Begegnung und ehrlicher Auseinandersetzung anregen und mithelfen, aus der Verheißung des Evangeliums heraus im individuellen und gesellschaftlichen Leben verantwortlich zu denken, zu reden und zu handeln. An der Grenze zwischen Kirche und Gesellschaft werden die Kirche und ihre Botschaft in den offenen Dialog gestellt und damit auch der gesellschaftlichen Diskussion und Kritik ausgesetzt.