Christoph Jansen, CDU


1. Kindergrundsicherung

Zentrale Forderung des RTKA zur Bekämpfung von Kinderarmut ist die Einführung einer Kindergrundsicherung, deren Höhe die Lebenshaltungskosten (inklusive sozio-kulturelles Existenzminimum) eines Kindes bzw. Jugendlichen umfassend absichert. Sie soll so gestaltet sein, dass der Empfang von Grundsicherung nach SGB II damit überflüssig wird.

Was ist das Konzept Ihrer Partei zum Thema Kindergrundsicherung? Wie stehen Sie dazu?

Die Stärkung und Unterstützung von Familien und Kindern ist nach meiner Überzeugung eine wichtige staatliche Aufgabe. Im Kinder- und Jugendalter werden durch die Familien wichtige Grundlage für den Rest des Lebens gelegt. Kinderarmut sollte es in einem wohlhabenden Land wie Deutschland nicht geben.
Mit dem Familienstärkungsgesetz hat die aktuelle Koalition bereits ein wesentliches Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Kinderarmut auf den Weg gebracht. Das Gesetz ist neben dem Baukindergeld, der Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag, und dem Gute-Kita-Gesetz ein weiterer Schritt zur Unterstützung von Familien.

Im Bereich Bildung und Teilhabe wurde zu Beginn des Jahres 2021 eine Erhöhung des Betrages für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf sowie ein Wegfall der Eigenanteile bei gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung und Schülerbeförderung eingeführt. Dieses Bildungspaket, welches es Kindern von Geringverdienern möglich machen soll, Leistungen für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben zu erhalten, soll fortlaufend angepasst werden. Die Bekämpfung von Kinderarmut muss auch in der kommenden Legislaturperiode ein zentrales Anliegen sein.


2. Teilhabe junger Menschen

Der Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut (RTKA) spricht sich in seinem Forderungspapier für einen umfassenden Ausbau der Teilhabe junger Menschen als Teil der Daseinsvorsorge und – fürsorge aus.

Welche Maßnahmen zur Stärkung der Teilhabe junger Menschen wollen Sie durchsetzen, wenn Sie Mitglied des Bundestages werden?

Die Jugendliche sind in den letzten Jahren wieder zunehmend politisch aktiv und will –berechtigterweise – insbesondere bei Themen, die sie konkret betrifft, ein Mitspracherecht haben. Ein gutes Instrumentarium, um Jugendliche auf der kommunalen, aber auch auf anderen Ebenen, besser einzubeziehen und ihre Interessen zu berücksichtigen, könnten Workshops zu unterschiedlichen Themen sein, ähnlich dem Modell der Bürgerräte. Das Ziel solcher „Jugendbürgerräte“ sollte es sein, Jugendlichen ein Forum zugeben, sie zu beteiligen und gemeinsam mit Ihnen Ideen zu erarbeiten.


3. Kommunalfinanzen

Ob Schule, Jugendhilfe, Sozialwesen oder Freizeitangebote – für die Bereitstellung und Finanzierung dieser sozialen Infrastruktur sind in erster Linie die Kommunen verantwortlich. Die finanzielle Ausstattung der Kommunen ist nicht ausreichend, um die nötige soziale Infrastruktur allen jungen Menschen zugänglich zu machen und weiter zu entwickeln.

Wie wollen Sie das ändern? Wo sehen Sie einen besonderen Handlungsbedarf?

Kommunen müssen selbstverständlich ausreichend mit finanziellen Mitteln ausgestattet sein, damit sie all ihren Aufgaben ausreichend nachkommen und diese erfüllen können.
In der nächsten Legislaturperiode muss eine Überprüfung stattfinden, um erfassen zu können, welche Aufgabe von welcher föderalen Ebene übernommen und erfüllt wird – nicht nur im Bereich der Sozialpolitik. Für diese Aufgaben müssen auch adäquate Finanzmittel zur Verfügung stehen. Gerade im sozialen Bereich darf es nicht zu einer Entwicklung kommen, bei der immer mehr Aufgaben auf die kommunale Ebene verlagert werden, ohne die Kommunen auch finanziell entsprechend auszustatten.


4. Förderung der Ausbildung

Der RTKA spricht sich dafür aus, die unterstützenden Beträge (Bafög und Berufsausbildungsbeihilfe) für sich in Ausbildung oder Studium befindliche junge Menschen so zu erhöhen, dass eine Konzentration auf das Studium oder die Ausbildung möglich ist.

Wie stehen Sie dazu? Welche Maßnahmen würden Sie ergreifen?

Sowohl das BAföG als auch die Berufsausbildungsbeihilfe sind wichtige Instrumente, die eine Ausbildung oder ein Studium unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Eltern ermöglichen sollen. Sie sind somit ein wichtiger Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit.
Bereits im Jahr 2019 hat die Bundesregierung eine schrittweise Erhöhung des BAföG um15% beschlossen. Die Erhöhungen wurden stufenweise bis 2021 durchgeführt. Damit wird der Bund bis 2021 mehr als 1,8 Milliarden Euro in die Bildung junger Menschen investieren. Zudem verlängert sich die individuelle Regelstudienzeit in allen Bundesländern um jeweils mindestens ein Semester. Somit verlängert sich auch die Zeit, in der BAföG in Anspruch genommen werden kann.
Insgesamt muss das BAföG selbstverständlich so ausgestaltet sein, dass es jedem Studierenden, jeder Schülerin und jedem Schüler in Ausbildung – unabhängig von der (sozialen) Herkunft der Eltern – die Möglichkeit gibt, sich voll auf das Studium oder die schulische Ausbildung zu konzentrieren. Daran orientiert sich der Förderhöchstsatz in Höhe von 861 Euro. Eine fortlaufende Anpassung der Beträge unter Berücksichtigung der Inflationsrate, der Ausgaben und (Wohn-)Kosten muss natürlich gewährleistet sein.


5. Bezahlbarer Wohnraum

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist ein zentrales Problem unserer Städte. Wie kann für einkommensschwache Familien und junge Menschen preiswerter Wohnraum geschaffen werden?

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die BImA ihre Wohnungen wieder in einem bewohnbaren Zustand versetzt und diese für den kommunalen Wohnungsmarkt frei gibt?

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Bund als einer der größten Arbeitgeber in Bonn Wohnungen für seine Bediensteten schafft und damit den Wohnungsmarkt entlastet?

Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre, insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen. Auf dem Wohngipfel der Bundesregierung im Jahr 2018 wurde ein umfassendes Maßnahmenpacket zur Sicherung bezahlbaren Wohnens und zur Stärkung des Wohnungsneubaus verabschiedet. Die zentralen Vereinbarungen sind inzwischen zum großen Teilumgesetzt. Bis zum Ende dieser Legislaturperiode wird der Bau von mehr als 1,5 Millionen Wohnungen abgeschlossen oder angestoßen sein. Bauen – und nicht ein bundesweiter Mietendeckel– ist und bleibt der Schlüssel zum Erfolg.

Von 2018 bis 2021 förderte der Bund den sozialen Wohnungsbau mit fünf Milliarden Euro. Dazu wurde der Städtebau massiv durch den Bund unterstützt: allein in den Jahren 2020 und 2021 mitknapp 1,6 Milliarden Euro. Außerdem wird der Mietwohnungsbau steuerlich gefördert.

Von all diesen Maßnahmen profitieren vor allem Familien: Über 300.000 Familien konnten dasBaukindergeld inzwischen beantragen. Außerdem ist das Wohngeld gestiegen und es wirdregelmäßig an die Entwicklung der Einkommen und der Wohnkosten angepasst.

Insgesamt sollte sich der Bund darauf konzentrieren, die Rahmenbedingungen, Planungsverfahrenund Bürokratie zu vereinfachen, damit insgesamt schneller und einfacher gebaut wird und dadurchfür alle Wohnraum geschaffen werden kann. Die Erfahrungen zeigen, dass sich der Bau wesentlichlänger hinzieht und kostspieliger wird, wenn der Bund das Bauen selber übernimmt. Der Umgang der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) mit Immobilien in Bonn zeigt, welche Schwierigkeiten es mitunter bei vom Bund verwalteten Immobilien geben kann.


6. Bewältigung der Corona-Folgen

Besonders für junge Menschen sind die in der Corona-Krise notwendigen Beschränkungen eine enorme Belastung. Unsere Bildungsinfrastruktur ist nicht auf eine solche Krise ausgelegt. Familien, die bisher schon in Armut lebten oder von ihr bedroht sind, verlieren immer mehr den Anschluss an die soziale Teilhabe.

Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um unsere Kitas, Schulen, Jugendeinrichtungen usw. für die Bewältigung der Pandemie auch für die Zukunft fit zu machen? Wo sehen Sie einen besonderen Handlungsbedarf?

Mit dem „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona“ reagiert die Bundesregierung auf die eingetretenen Lernrückstände von Schülerinnen und Schülern wegen des Ausfalls von Präsenzunterricht sowie die psychosozialen Belastungen von Kindern, Jugendlichen und deren Familien. Die Unterstützung des Bundes umfasst zwei Milliarden Euro. Die Hälfte davon steht für Fördermaßnahmen zum Abbau pandemiebedingter Lernrückstände in den Kernfächern zur Verfügung.

Eine wichtige Lehre aus der Corona-Krise für Bildungs- und Betreuungseinrichtungen in Deutschland ist, dass die Digitalisierung der Kitas, Schulen und Universitäten weiter voranschreiten muss, und zwar mit hohem Tempo. Die Ausstattung unserer Bildungseinrichtungen mit digitaler Infrastruktur ist eine Grundvoraussetzung für moderndes Lernen und Lehren.


7. Psycho-soziale Gesundheit von jungen Menschen

Durch die Corona-Pandemie und ihrer sozialen Folgen ist die Zahl der psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen und damit familiäre Probleme in unserer Gesellschaft nochmals erheblich gestiegen. Dieses Thema wird uns noch lange beschäftigen.

Wie kann zukünftig (auch über die jetzige Corona-Krise hinaus) die psycho-soziale Gesundheit und Versorgung von Kindern und Jugendlichen und deren Familien gewährleistet werden?

Mit dem „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona“ reagiert die Bundesregierung auf die eingetretenen Lernrückstände, sowie die psychosozialen Belastungen von Kindern, Jugendlichen und deren Familien.
 Zu den Belastungen für junge Menschen kommt neben den Schul- und Hochschulschließungen aber auch hinzu, dass in der Pandemie praktisch keine Ausbildungsstellen verfügbar waren, sowie Studenten- und Ferienjobs weggebrochen sind. Die Politik muss jetzt dafür Sorge tragen, dass Schülerinnen und Schüler nicht die Schule oder Ausbildungen abbrechen. Ein Mittel, um dem entgegenzusteuern, ist dabei beispielsweise der Ausbau psychosozialer Angebote sowie deutlichmehr Sozialarbeit an Schulen. Außerdem braucht es mehr niedrigschwellige Kontaktmöglichkeiten für psychisch belastete Kinder, um den Versorgungsschwierigkeiten für psychisch kranke Heranwachsende entgegenzuwirken.