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Tim Achtermeyer, Bündnis 90/Die Grünen

Themenkomplex 1:
„Umsetzung Rechtsanspruch Ganztagsschule“

Wir wollen das Erfolgsprojekt offene Ganztagsschule weiterentwickeln. Immer noch gibt es in NRW zu wenig Ganztagsplätze. Um den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz bis 2026 zu erfüllen, werden wir ein breites Anreizprogramm schaffen, mit dem wir 200.000 zusätzliche Plätze schaffen werden. 

Gute Ganztagsbetreuung kann soziale und kulturelle Benachteiligungen überwinden, indem soziale Kompetenzen, das Miteinander sowie eine stärkere Verknüpfung zwischen Lernen, Erfahren und Erforschen vermittelt wird. Die Qualität der Ganztagsbetreuung darf nicht mehr von der Finanzkraft der Kommunen und den Möglichkeiten der Schulen abhängen, deswegen verdoppeln wir die Finanzierung des Ganztages auf 4.000 Euro pro Platz. 

Wir wollen Bildungspolitik und Sozialpolitik zusammen denken und das Leben von Kindern und Jugendlichen ganzheitlich betrachten. Deswegen müssen Ganztagsschulen mit der engagierten Zivilgesellschaft und der Jugendhilfe kooperieren. So können die Bedürfnisse von Schüler*innen individuell erfüllt werden. 

Zu einer qualitativ hochwertigen Ganztagsschule gehört auch die Ausstattung mit multiprofessionalen Teams. Wir wollen den Schulen und Kommunen die Möglichkeit geben, über den ganzen Tag strukturierte und rhythmisierte Angebote sicherzustellen, insbesondere durch eine gesicherte Finanzierung von Vollzeitstellen des sozialpädagogischen Personals. So können Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte auf Augenhöhe zusammenarbeiten und die individuelle Förderung aller Kinder erweitern. 

Der Fachkräftemangel ist ein generelles Problem an unseren Schulen. Wir wollen mit einer Ausbildungsreform und zusätzlichen Qualifizierungsmöglichkeiten endlich alle Schulformen bedarfsgerecht mit Personal ausstatten. Außerdem wollen wir Schulsozialarbeiter*innen, Schulpsycholog*innen und Quereinsteiger*innen mehr in unsere Schulen einbinden. 

Gut gestaltete und gesunde Räume sind für die Entwicklung unserer Kinder von erheblicher Bedeutung, insbesondere wenn die Räume für die Ganztagsbetreuung genutzt werden. Damit Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen gerne lernen und leben, braucht es Investitionen in unsere Gebäude. Dabei ist das vorgeschlagene Raumkonzept der völlig richtige Ansatz. Die räumliche Trennung von Schule und OGS ist dysfunktional und geht an der inhaltlich pädagogischen Notwendigkeit vorbei. Deswegen setzen wir uns für das sogenannte Herforder Model ein. 

Themenkomplex 2:
„Ausstattung von Schulen“

Gute Bildung zeichnet sich dadurch aus, dass sie bestehende Ungleichheiten nicht zementiert, sondern sie überwinden hilft. Es ist staatliche Aufgabe, ungleiche Startbedingungen aufgrund von sozialen Benachteiligungen, dem Wohn- und Lebensumfeld, von Diskriminierung oder Sprachvoraussetzungen auszugleichen. 

Wir sehen im gemeinsamen Lernen aller Kinder und damit in den integrierten Schulformen die größten Chancen, Kinder auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten und mehr Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. Unser Ziel ist eine sozial diverse Schule, an der alle Kinder willkommen sind und solange wie möglich gemeinsam lernen. 

Gleichzeitig müssen wir staatliche Mittel nach Bedarf verteilen – nicht mehr mit der Gießkanne. Anhand eines soliden und transparenten schulscharfen Sozialindexes werden wir zusätzliches Lehrpersonal, mehr Sozialarbeiter*innen und weitere Stellen sowie zusätzliche Finanzen verstärkt an die Schulen an herausfordernden Standorten verteilen. 

Die Lernmittel sowie der Zugang zu Schulen und Kitas sollen kostenfrei sein, einschließlich digitaler Endgeräte, benötigter Software und Internetzugang. Bildungseinrichtungen müssen technisch so ausgestattet sein, dass alle Kinder die digitale Wirklichkeit erleben und sie mitgestalten können. 

Noch wichtiger ist uns, dass im Bildungssystem gut ausgebildete Menschen arbeiten. Ein modernes Schulsystem braucht eine Lehrer*innenausbildung, mit Blick auf die Individualität der Schüler*innen. Deshalb wollen wir eine Studienreform, die durch duale Elemente und Studiengänge erweitert wird. Um die Individualität der Schüler*innen zu fördern, braucht es multiprofessionelle Teams, individuelle Lernwege, inklusive pädagogische Konzepte und perspektivisch kleinere Klassen. 

All diese Investitionen können die Länder nicht allein stemmen. Wir wollen die durch die Grundgesetzänderung ermöglichte Kooperation zwischen Bund und Ländern nutzen, um künftig Investitionsprogramme, an besonders herausfordernden Standorten, auf den Weg zu bringen. Die vom Bund zur Verfügung gestellten Investitionsmittel, werden wir nach sozialen Kriterien verteilen, damit sie vor allem dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. 

Themenkomplex 3:
„Frühkindliche Bildung in Kitas“

Gute Bildung von Anfang trägt zu mehr Bildungsgerechtigkeit bei, Kindertageseinrichtungen und Familienzentren leisten aber auch einen wichtigen Beitrag zur Armutsprävention. Deswegen wollen wir die frühkindliche Bildung und Betreuung in NRW ausbauen und qualitativ weiterentwickeln. 

Die Qualität unserer KITAs hängt entscheidend davon ab, dass das pädagogische Personal unter angenehmen Bedingungen arbeiten kann und ausreichend Zeit für die Arbeit mit den Kindern hat. Daher wollen und müssen wir mehr Menschen für eine Tätigkeit in der KITA gewinnen. 

Der erste Schritt für mehr Personal in der Kinderbetreuung muss eine angemessene Wertschätzung für die Beschäftigten sein. Der Beruf ist verantwortungsvoll und sollte auch dementsprechend entlohnt werden. Neben einer angemessenen Bezahlung wollen wir auch die vielen unterschiedlichen Zugänge stärken. 

Die Zahl der Studienplätze an den Hochschulen im Fach Erziehungswissenschaften muss dem Bedarf in der Berufspraxis gerecht werden. Dabei sollte in der Ausbildung mehr Wert auf individuelle Freiheit statt auf theoretische Lehre gelegt werden. Die praxisintegrierte Ausbildung zur Fachkräftegewinnung wird gut angenommen und soll ausgebaut werden. Gleichzeitig wollen wir den Alltagshelfer*innen, die zu Corona-Zeiten in den Kitas eingesetzt wurden, das Angebot machen, durch Weiterqualifizierung in den Kitas zu bleiben. Außerdem soll die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen einfacher und praktikabler gestaltet werden. Eine Werbekampagne des Landes NRW für soziale Berufe begrüßen wir ausdrücklich. 

Die Finanzierung der Kinderbetreuung muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Die derzeitige Finanzierung über komplizierte Pauschalen und unflexiblen Buchungszeiten bieten weder den Trägern, noch den Erzieher*innen und Eltern Planungssicherheit. Wir GRÜNE wollen Planungssicherheit durch eine Sockelfinanzierung erreichen, die die Trägervielfalt erhält, Erzieher*innen angemessen bezahlt und befristete Arbeitsverträge zur Ausnahme macht. Neben einem festzuschreibenden Personalschlüssel muss die Sockelfinanzierung auch Sachkosten und Instandhaltung abdecken. 

Derzeit ist die Beitragssituation in den Kommunen sehr unterschiedlich, insbesondere ärmere Kommunen sind oftmals gezwungen höhere Elternbeiträge zu verlangen. Als einen kurzfristigen Schritt sprechen wir GRÜNE uns für die Rückkehr zur landeseinheitlichen Elternbeitragstabelle aus. Perspektivisch halten wir an dem Ziel einer beitragsfreien Bildung von Anfang an fest. 

Die Kinderbetreuung stellt für alleinerziehende Eltern im Alltag eine enorme Herausforderung dar, nicht wenige leben wegen der großen Belastung durch Arbeit und Kindererziehung in Armut. Sie sind besonders auf eine verlässliche Infrastruktur angewiesen, die es ihnen ermöglicht, Familie und Erwerbsarbeit gut vereinbaren zu können. Deshalb werden wir die Kinderbetreuung in Randzeiten ausbauen und Projekte fördern, bei denen Kinder in den Randzeiten in ihrem Zuhause betreut werden. 

Themenkomplex 4:
„Wohnen“

Wohnen ist ein existenzielles Bedürfnis und Voraussetzung für Freiheit, Würde und Selbstbestimmung. Deswegen setzen wir uns ein für ein starkes und soziales Mietrecht, und eine gesetzliche Begrenzung der Miethöhe. Es braucht Maßnahmen gegen Spekulation mit Wohnraum sowie eine Bekämpfung der zunehmenden Vermögenskonzentration über den Immobilienmarkt. 

Im letzten Jahrzehnt hat sich die Anzahl der geförderten Wohnungen nahezu halbiert, da die Mietpreisbindungen für sie ausgelaufen sind. Dieser Tendenz stellen wir uns entgegen und unterstützen Kommunen dabei, die Bindungen aufzukaufen, zu verlängern und auch neue Bindungen zu kaufen. Außerdem wollen wir die Fördermittel für den Bau von sozialen und preiswerten Wohnungen erhöhen. Unser Ziel ist die Schaffung von deutlich mehr günstigen Wohnungen pro Jahr durch Neubau und Umnutzung. Außerdem weiten wir die Mietpreisbremse aus, um preisgünstigen Wohnraum zu sichern. 

Zu einer sozialgerechten Wohnungspolitik gehört auch eine vorsorgende Grundstückspolitik der Kommunen. Dafür wollen wir sie rechtlich und finanziell stärken, damit öffentliche Flächen nicht mehr nach Höchstgebot, sondern nach sozialen, inklusiven und ökologischen Kriterien vergeben werden. Wir bevorzugen kommunale Wohnungsbaugesellschaften, gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen und Genossenschaften bei der Vergabe von baureifen Flächen und fördern die Neugründung von Genossenschaften und Baugruppen. So bleibt die Bodennutzung langfristig sozial. 

Die Jugendberufshilfe soll auch Wohnungsprobleme der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Blick nehmen. Wenn ein Leben zu Hause nicht mehr möglich ist, werden wir Jugendliche vor einem Leben auf der Straße schützen. Hierfür werden wir die Jugendwohnheime in NRW ausbauen, in denen auch junge Volljährige wohnen dürfen. 

Wir wollen Obdachlosigkeit bis 2030 beenden. Dort, wo es noch keine ausreichenden Unterstützungsangebote für Wohnungslose gibt, bauen wir sie bedarfsgerecht aus. Wir werden soziale Träger und Kommunen dabei unterstützen, geeignete Wohnungen aufzukaufen und z. B. für begleitete selbstverwaltete Wohnprojekte dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Zwangsräumungen wollen wir vorausschauend verhindern. Dazu wollen wir die Kommunen in die Lage versetzen, frühzeitig und effektiv Maßnahmen gegen drohende Wohnungslosigkeit zu ergreifen.